Mit 01. Jänner 2022 traten folgende Änderungen in Kraft:
Privilegierte Arbeiten lt. §16:
Aufgrund der Neuregelung wird die Zustimmung bei bestimmten, privilegierungswürdigen Maßnahmen fingiert, wenn die betroffenen Wohnungseigentümer schweigen. Dies betrifft die folgenden Vorhaben:
- Barrierefreie Ausgestaltung eines Wohnungseigentumsobjekts oder von allgemeinen Teilen der Liegenschaft;
- Anbringung einer Vorrichtung zum Langsamladen eines elektrisch betriebenen Fahrzeugs (bis 5,5 kW/h);
(Der Gesetzgeber hat hier zusätzlich eine Pflicht der Wohnungseigentümer zur Unterlassung der Nutzung einer Einzelladestation unter gewissen Voraussetzungen eingeführt. Damit soll gewährleistet werden, dass die Einzelladestation der späteren Inbetriebnahme einer gemeinschaftlichen Ladestation nicht entgegensteht. Die Unterlassungspflicht tritt frühestens fünf Jahre nach Errichtung der Einzelladestation ein.)
- Anbringung von Solaranlagen an einem als Reihenhaus oder Einzelgebäude errichteten Wohnungseigentumsobjekt – gilt nicht für Mehrparteienhäuser!
- Anbringung von Beschattungsvorrichtungen;
- Einbau von einbruchsicheren Türen;
In all diesen Fällen gilt die Zustimmung der Wohnungseigentümer als erteilt, wenn diese durch Anschlag sowie schriftliche Information (!genaue Erklärung der Arbeiten!) verständigt wurden und der Änderung nicht innerhalb von zwei Monaten ab Zugang der Verständigung widersprachen. Einzige Ausnahme bildet die wesentliche und dauernde Beeinträchtigung von Wohnungseigentums- oder Zubehörobjekten: Betroffene Wohnungseigentümer müssen diese auch dann nicht dulden, wenn sie keinen Widerspruch erhoben haben. Diese Beschränkung soll Abhilfe gegen ernsthafte und nicht bloß vorübergehende Beeinträchtigungen durch eine Änderungsmaßnahme bieten.
Direktzahlung von Kreditfinanzierungen (§ 20 Abs 4 WEG):
Wenn für Instandhaltungs- und Verbesserungsarbeiten Kreditfinanzierungen notwendig sind, kann der Verwalter künftig einzelnen Wohnungseigentümern die direkte Zahlung ihres finanziellen Beitrags hierzu ermöglichen. Von der dadurch eintretenden Reduktion der Kreditzinsen profitieren nur die direkt zahlenden Wohnungseigentümer. Festgehalten werden muss jedoch, dass jene Eigentümer, die diese Kreditfinanzierung mittels Einmalzahlung begleichen, dadurch NICHT von der Gemeinschaftshaftung ausgeschlossen werden können.
Auskunftspflicht des Verwalters:
Die Regelung des § 20 Abs 8 WEG bietet nun Abhilfe, da diese eine Auskunftspflicht des Verwalters über die Namen und die Zustellanschriften der anderen Wohnungseigentümer einführt. Voraussetzungen dafür sind:
- die Notwendigkeit der Verständigung der anderen Wohnungseigentümer beispielsweise für die Ausübung des Änderungsrechts;
- die Verwendung der Daten ausschließlich für den genannten Verständigungszweck.
Wohnungseigentümer können die Weitergabe der Zustellanschrift nur dann untersagen, wenn sie dem Verwalter gleichzeitig eine andere inländische Anschrift oder eine E-Mail-Adresse bekanntgeben.
Hybride Eigentümerversammlung:
Der Gesetzgeber hat auf die COVID-19-Einschränkungen reagiert und mit § 25 Abs 2a WEG die hybride Eigentümerversammlung möglich gemacht. Demnach kann der Verwalter den Wohnungseigentümern die Möglichkeit zur Teilnahme an der Eigentümerversammlung per Videokonferenz einräumen, ist hierzu jedoch nicht gezwungen.
Ab 01. Juli 2022 treten folgende Änderungen in Kraft:
Erleichterungen bei der Willensbildung in der Eigentümergemeinschaft (§ 24 Abs 4 WEG)
Für das Zustandekommen eines Beschlusses gilt ab 01. Juli 2022 eine wesentliche Erleichterung und ist nun für die Mehrheit der Stimmen entweder:
- die Mehrheit aller Miteigentumsanteile (wie bisher) oder
- die Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen (ebenfalls berechnet nach dem Verhältnis der Miteigentumsanteile) erforderlich, sofern diese zumindest ein Drittel aller Anteile repräsentieren.
Rücklagenbildung (§ 31 Abs 1)
Der Gesetzgeber hat nun unter expliziter Anführung von Aufwendungen zur thermischen Sanierung und energietechnischen Verbesserungen eine Mindestdotierung der Rücklage eingeführt, die mit einem Betrag von 90 Cent pro Quadratmeter Nutzfläche aller Wohnungseigentumsobjekte (vorgeschrieben entsprechend der jeweiligen Vorgaben lt. Wohnungseigentumsvertrag und/oder WEG) angesetzt wurde (Indexierung nach dem VPI 2020 – § 31 Abs 5 WEG). Die Mindestdotierung darf nur in besonderen Ausnahmefällen unterschritten werden: „besonderes Ausmaß der bereits vorhandenen Rücklage“, „kurz zurückliegenden Neuerrichtung oder durchgreifende Sanierung des Gebäudes“ sowie „Übernahme von Erhaltungspflichten in Reihenhaus- oder Einzelhausanlagen“. Da die diesbezüglichen Formulierungen im Gesetz nicht eindeutig (z.B.: mit exakten Grenzwerten zum Ausmaß der vorhandenen Rücklage bzw. zum Wortlaut „kurz zurückliegenden“, etc.,) angeführt sind, wird die Auslegung im Einzelfall vor Gericht zu prüfen sein.